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5 Thesen zum Green Deal im Theater

Diese Thesen wurden während einer Veranstaltung des Berliner Theatertreffens vorgestellt. Müssen, Können, Wollen – Ein Gespräch zum Green Deal im Theater fand am 14. Mai 2022 statt.

Teilnehmende: Erhard Grundl MdB, Dr. Lutz Nitsche, Wiebke Leithner, Natalie Müller-Elmau, Olaf Zimmermann, Cecile Schortmann, Jacob Sylvester Bilabel und Yvonne Büdenhölzer

Die Thesen wurden präsentiert von David Heiligers (Dramaturg, Deutsches Theater Berlin), Sophie Gruber (Redaktion & Nachhaltigkeitsbeauftragte, HAU Hebbel am Ufer), Frank Crusius (Technischer Leiter, Residenztheater München) und Catja Schilling (Kostümmalerin & Compliance-Beauftragte, Deutsches SchauSpielHaus Hamburg) – Allesamt Teilnehmer des Green Ambassador Programmes.

Zu den Thesen

Die absolute Notwendigkeit zu handeln ist gegeben und wir müssen schnell sein, weil die Zeit verrinnt. Wir wollen den Willen stärken noch mehr zu tun und noch schneller im Handeln zu werden. Diesen Weg können wir nur gemeinsam gehen und tun das auch bereits. Es soll keine zwei Seiten und kein Gegeneinander geben, denn alle Einflussbereiche müssen zusammenkommen um den Green Deal einzulösen und zu erreichen. 

Theater und andere Kulturhäuser brauchen die Unterstützung von Politik und Institutionen, welche rückwirkend auf unser Tun und Wirken angewiesen sind, um die Klimaschutzziele zu erreichen. 

Wir, als Repräsentation für Theaterarbeit, möchten handfeste Impulse teilen, mit denen uns die Arbeit leichter gemacht würde und wollen aus unseren persönlichen Erfahrungen konkrete Ideen und Vorschläge entwickeln. Das machen wir in 4 Themenkomplexen: “Nachhaltigkeit als Subventionskriterium“, „Beschaffung bzw. Vergabekriterien“, „Rahmenbedingungen und gesetzliche Vorgaben“, “Herangehensweise und Narration“.

Nachhaltigkeit als Subventionskriterium

Die verpflichtende Nachhaltigkeit ist wichtig denn: Wir brauchen ein Ende der Freiwilligkeit! Das nachhaltige Wirtschaften muss ein Subventionskriterium werden. Diesbezügliche Subvention geschieht bereits an mancher Steller, aber nur vereinzelnd und immer abhängig von den Geldgeber*innen – es sollte eine generelle Verpflichtung geben. Aber auch die Institutionen sollen gefordert werden. Eine jährliche CO2-Bilanz sollte Standard sein, wie es in Großbritannien zum Beispiel, schon ist. Es ist zwar immernoch viel Arbeit, aber mit dem Creative Green Tools Rechner greifbar und leicht zu organisieren. Die Bilanz gibt allen weiteren Maßnahmen eine Stütze, denn: Was wir erfassen, können wir auch kontrollieren!

Sobald alle Häuser ihre Bilanzen vorliegen haben, kann man neue Vorschriften entwicklen. Zum Beispiel einen vorgegeben Prozentsatz, um den die Emissionen jährlich gesenkt werden müssen. Oder visionäre Ideen wie ein jährliches CO2 Budget, welches es den Häusern erlauben würde, ihre internationalen Produktionen beizubehalten und sich individuelle Prioritäten zu setzten. 

Nachhaltiges Wirtschaften muss in die Bewertungskriterien einfließen die entscheiden, was ein erfolgreiches Haus ausmacht.

Beschaffung bzw. Vergabekriterien

Bühnenbilder sind Hauptkomponent einer Theaterproduktion und fordern häufig besonderen technischen Aufwand, der die Produktion jedes Mal vor neue Herausvorderungen stellt.  Die gebrauchten Materialien werden meistens anhand nachhaltiger Siegel ausgesucht. Da gibt es aber bereits so viele, undurchsichtige Optionen, dass wir hier stärkere Kriterien, Normen und Verpflichtungen fordern. Das hilft nicht nur der Produktion am Haus, sondern auch den Herstellern der Materialien, die für jede Siegelzertifizierung bezahlen müssen.

Technische Erneuerung ist ein direkter Weg zu einer niedrigeren CO2 Emission, wird aber an den meisten Häusern nicht richtig gehandhabt. Oft werden die Maschinen mit dem billigsten Anschaffungspreis ausgesucht, aber man muss hier einen anderen Fokus setzten. Kosten und Nachhaltigkeitskriterien müssen über die erwartete Lebensspanne des Produkts kalkuliert werden, denn der günstigster Anschaffungspreis ist so gut wie immer langfristig die teurere Entscheidung.

Rahmenbedingungen und gesetzliche Vorgaben

Das Erreichen der Klimaziele kann nicht von einzelnen Engagierten erreicht werden. Es braucht politische Entscheidungen zu Rahmenbedingungen und gesetzlichen Vorgaben für alle Unternehmen. Über dem Thema Klima/Umweltschutz liegt immernoch ein gewisses “nice to have” und das kann nicht so bleiben. In Bereichen wie Gebäudesanierung, Energie- und Strombezug und Mobilität sind konkrete politische Vorgaben unerlässlich und die Kommunikation zwischen allen involvierten Partein muss hierbei auch ständig im Fokus liegen. 

Innerhalb des Theaters braucht es eine Person oder eine kleine Gruppe, welche sich ausschließlich mit allen genannten Themen befasst und in jeden Prozess mit einbezogen wird.

Die 5 Thesen:

1.   Wir brauchen klare und unmissverständliche Vorgaben! Ein Durchlavieren, indem es beim gleichen Verbauch bliebt, nur mit regenerativer Energie und natürlich ganz ohne persönliche Einschränkungen, geht nicht mehr.

2.   Verzicht muss akzeptiert und selbstbewusst in das Narrativ einbezogen werden. Wir dürfen keine Angst vor dem Wort mehr haben, denn es muss und kann nur über Verzicht gehen! Alles muss nicht nur nachhaltiger sondern auch weniger werden. 

3.   Die unausgesprochene Erzählung, dass die Transformation zu ökologischer Nachhaltigkeit ganz einfach und von selbst passiert, muss negiert werden. Wir stehen vor einer gewaltigen Aufgabe, die wir bewusst und selbstbewusst angehen müssen um sie zu bewältigen. Kräftige und eindeutige politische Maßnahmen nehmen dabei Druck von den Einzelnen!

4.   Es muss zum Ende der Freiwilligkeit kommen! Regeln helfen uns bei dieser Herausforderung: Gesetzliche Vorgaben sind keine Belastung, sondern Unterstützung! Theater und Häuser müssen verzichten und reduzieren lernen und dabei sind veränderte Rahmenbedingungen eine willkommene Hilfestellung.

5.   Alles kann trotzdem Spaß machen! Wir werden uns agiler, lebendiger und gesünder fühlen, wenn wir unsere Zukunft proaktiv gestalten, statt irgendwann nur noch reagieren zu können. Gerade im Theater sind wir Meister:innen darin, mit Beschränkungen umzugehen, kreative Lösungen zu finden und Utopien zu leben. Wir glauben fest daran, im Green Deal eine gesellschaftliche Vorreiterrolle einnehmen zu können und wollen dieses Umdenken durchexerzieren und vorleben. Hierin liegt eine große Chance!