Schauspielhaus Zürich

Nachhaltigkeit beim Schauspielhaus Zürich: Pilotprojekt

Hintergrund/Ausgangslage

Seit 2008 ist die Stadt Zürich per Gesetz zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung verpflichtet: Vor bald 14 Jahren haben die Stimmberechtigten mit der Zielsetzung «2000-Watt-Gesellschaft» den Grundsatz der Nachhaltigkeit mit grosser Mehrheit in der Gemeindeordnung verankert. Mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals) besteht zudem seit 2016 ein global geltender Rahmen, zu welchem sich auch die Stadt Zürich bekennt. Sie engagiert sich lokal in verschiedensten Bereichen bei der Umsetzung.[1]

Angesichts der ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen weltweit sehen sich neben der Politik zunehmend auch öffentliche und private Institutionen in der Pflicht, sich für Nachhaltigkeit in ihrem Verantwortungsbereich zu engagieren. Mit dem im Rahmen des Berliner Theatertreffens 2021 initiierten Herbstworkshop der Grünen Botschafter*innen des Berliner Theatertreffens erfolgte eine breitere Diskussion zu nachhaltiger Kulturarbeit sowie eine länderübergreifende Vernetzung unterstützt durch das Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit. Auf individueller Ebene sind Transformationsprozesse hin zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit im Theater schon seit längerem im Gange. Während auf politischer Ebene neue Rahmenbedingungen ausgehandelt und Förderkonzepte auf den Weg gebracht werden, organisieren sich Mitarbeitende an den Institutionen eigenständig, um nachhaltiges Denken und Handeln in ihren Theaterhäusern zu fördern. Das ist auch beim Schauspielhaus Zürich der Fall, was ökologische Nachhaltigkeit betrifft.[2] Auf eine interne Initiative aus dem Bereich Technik hin und in Abstimmung mit der Intendanz wurde 2021 eine interne Projektgruppe von freiwilligen Mitarbeitenden gegründet mit dem Ziel, mögliche Handlungsfelder aus den Arbeitsbereichen Kunst, Technik und Administration zu bestimmen.

Für die professionelle Begleitung und Systematisierung der Ideen wurden Ende 2021 ein spezialisiertes Zürcher Beratungsunternehmen verpflichtet, das gemeinsam mit der internen Projektgruppe folgende Zielsetzungen formulierte

Allgemeine Projektziele – Bottom up-Ansatz

Die Projektgruppe wird ein Pilotprojekt angehen, das folgende Aspekte beinhaltet:

  • Entwickeln eines gemeinsamen Verständnisses in puncto Nachhaltigkeitsengagement und Prioritäten.
  • Entwickeln von Ideen; Umsetzen einiger konkreter Vorhaben.
  • Testen und Review des Pilotprojekts, um nachfolgende Umsetzungen zu verbessern (iteratives Vorgehen).
  • Sensibilisierung der Mitarbeitenden für Nachhaltigkeitsthemen und Verankerung in der Organisation

Herausforderungen

  • Derzeit sind – neben der Begleitung durch das externe Beratungsunternehmen –  keine zusätzlichen personellen Ressourcen für das Pilotprojekt vorgesehen. Das heisst, dass die Mitglieder der Projektgruppe die Umsetzung der Nachhaltigkeitsprojekte freiwillig und zusätzlich zu ihrer eigentlichen Arbeit (in den Bereichen Technik, Dramaturgie, Touring und Kommunikation) sicherstellen müssen. Im hektischen Theater-Alltag kann das die Kräfte überstrapazieren. Vorstellbar ist mittelfristig die Einbettung des Engagements in ein offizielles Mandat der Intendanz, der Geschäftsleitung bzw. des Verwaltungsrats.
  • Durch das Miteinbeziehen von Nachhaltigkeit in allen Bereichen des Theaters werden gewohnte Arbeits- und Produktionsprozesse hinterfragt. Umdenken und Verhaltensänderungen sind Voraussetzung für eine entsprechende Transformation. Das kann zu Konflikten führen –  insbesondere im Bereich der Kunst, die sich in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen könnte.

Die Projektgruppe erachtet es als wichtig, dass die Herausforderungen früh benannt und diskutiert wurden. Ein offener, lösungsorientierter Umgang mit allfälligen Konflikten wird als integraler Bestandteil des Pilotprojekts gesehen.

Und zum Schluss: Ständiges Ausprobieren, Lernen, Anpassen, Verbessern und Verwerfen gehören ebenfalls zu einem Pilotprojekt. Dieses iterative Vorgehen macht den Kern des gewählten Arbeitsansatzes aus und ist ausdrücklich erwünscht. Und Nachhaltigkeit kann ihre Wirkung in einer Institution erst entfalten, wenn sie breit mitgetragen, aus Überzeugung und mit Freude umgesetzt wird.


[1] Im Mai 2022 hat die Stadt Zürich z. B.  das Pilotprojekt ‘Arts for Future’ lanciert, das kulturelle Projekte, die sich transdisziplinär mit den Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit befassen, fördern will.

[2] Was gesellschaftliche Nachhaltigkeit betrifft, wurden wesentliche Leitplanken bereits zu Beginn der Intendanz von Benjamin von Blomberg und Nicolas Stemann im Herbst 2019 gesetzt: Das Schauspielhaus Zürich verfolgt einen spartenübergreifenden, transdisziplinären, inklusiven und intersektionalen Ansatz, der sowohl bei den Mitarbeitenden wie auch beim Publikum grösstmögliche Diversität hinsichtlich Alter, Gender, Race und Herkunft sowie anderen Kategorien systemischer Diskriminierung anstrebt.


«Die Stadt Zürich hat sich ambitionierte Ziele bezüglich nachhaltiger Entwicklung gesetzt, was von ihrer Bevölkerung klar mitgetragen wird: Sie stimmte vor kurzem Ja zum Klimaschutzziel ‘Netto null bis 2040’. Dass Mitarbeitende des Schauspielhaus Zürich nun selbst organisiert eine Nachhaltigkeitsinitiative lanciert haben, die sich stetig entwickeln kann (und muss), passt ideal dazu.»

Seta Thakur, Leiterin Medien- und Öffentlichkeitsarbeit Schauspielhaus Zürich